Das Ur-Messtischblatt von 1842 zeigt jenseits der Straße noch den Stauweiher. 1419 wurde der Mühlenstandort erstmals erwähnt. Eigentümer bis 1822 war die Familie von Oppeln. Im Kirchenbuch von 1706 ist der Wassermüller Andreas Kettmann erstmals nachweisbar erwähnt, von 1740 bis 1750 war er Pächter der Wühlmühle im benachtbarten Neschholz, ab 1750 dann schließlich Wassermüller in Lüsse.
Das Mühlengebäude in seinem heutigen Zustand ist ein niedrigerer Bau mit Satteldach. Zur Straße hin weist eine zweigeschossige dekorative Fassade des späten 19. Jahrhunderts aus roten Ziegeln mit flachbogigen, zu drei Doppelachsen angeordneten Fenstern. Auch dieser Bau ist im Kern aber vermutlich ein älteres Fachwerk-gebäude. Darauf weist auch der, 2007 aufwändig sanierte, östliche Fachwerkgiebel mit engen Stielen und Ziegelausfachungen hin; sowie die Wände der oberen Etage.
Im Untergeschoss befindet sich der Mahlboden; der rechte Teil ist eine Überbauung (Radhaus) des Bachs mit dem unterschlächtigen Wasserrad; hier bestehen die Wände aus Ziegelmauerwerk.
Das Mühlengehöft mit Wasser-Getreidemühle, Wohnhaus, Scheune sowie verschiedenen Stall- und Nebengebäuden befindet sich am westlichen Ortsrand von Lüsse am Baitzer Bach. Die Mühlentechnik ist zum Teil sehr gut erhalten: Drei Mahlgänge, ein Walzenstuhl, eine Quetsche, ein Steinkran, Teile der Transmission und Förderanlage sowie der Reinigung und Separation können im Obergeschoss besichtigt werden.
Hier befindet sich auch an der Giebelseite über dem Mühlrad der sogenannte Kontorraum, in dem noch das Schreibpult und die Tafel erhalten sind. Der Mehlboden mit den Absackeinrichtungen ist eine Sparrendachkonstruktion mit doppelt stehendem Stuhl und engen Sparrenabständen. Er kann aus Sicherheitsgründen vorerst nicht besichtigt werden.
Mit seinen Fachwerk- und Ziegelbauteilen ist das geschlossen erhaltene Mühlengehöft eine Bereicherung des Ortsbildes und der Kulturlandschaft und hat so durchaus eine städtebauliche Bedeutung. Das Anwesen bildet einen markanten Auftakt bzw. Abschluss der Bebauung von Lüsse an der nach Belzig führenden Landstraße.
Charakteristisch für Mühlengehöfte der Region ist der Standort am Dorfrand und am Wasser. Während auf dem trockenen Niederen Fläming um Jüterbog und Dahme vor allem Windmühlen entstanden, waren einst für den Hohen Fläming Wassermühlen typisch.
Als mindestens bis ins frühe 15. Jahrhundert zurückgehender, traditionsreicher Mühlenstandort besitzt die Anlage auch ortsgeschichtliche Bedeutung. Mit der Mühle ist die Geschichte der Familie Kettmann als vormalige Mühlenbesitzer seit fast 300 Jahren verbunden.
Neben Hüfner- und Kossätengehöften, Kirche, Schule und Schmiede gehörte auch eine Getreidemühle zu den Bestandteilen vieler Dörfer in vorindustrieller Zeit. Hier bezeugt das Mühlengehöft mit seinen Wohn- und Arbeitsbereichen einen wesentlichen Teil des Lebens auf dem Lande und hat daher auch volkskundliche Bedeutung. Die nach Funktionen differenzierten Hofgebäude des 19. und frühen 20. Jahrhunderts erinnern an die, mit der Mühle verbundene, Landwirtschaft. Darüber hinaus hat die Mühle regional-wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung.
Die in Form eines unregelmäßigen Vierseitgehöfts errichtete Anlage gehört in ihrer baulichen Geschlossenheit und mit der bewahrten Mühlentechnik zu den am besten erhaltenen Wassermühlen der Regionund besitzt daher auch bau- und technikgeschichtliche Bedeutung.
Mit Bauteilen des 18. bis frühen 20. Jahrhunderts spiegelt das Gehöft die bauliche Entwicklung während verschiedener Phasen wider und vermittelt ein anschauliches Bild eines altertümlichen Mühlen-anwesens, zu dem neben der eigentlichen Mühle auch das Wohnhaus und ein landwirtschaftlicher Betrieb mit Scheune, Ställen und Backhaus gehörte.
Das Wohnhaus ist übrigens eines der ältesten in den Dörfern der Region, wo seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine weitgehende Erneuerung der Bebauung erfolgte. Es zeigt noch die bis dahin übliche Fachwerkbauweise.
Der wirtschaftliche Aufschwung in der Zeit des Kaiserreichs ermöglichte den damaligen Besitzern den Neubau der Wirtschaftsgebäude. Die inschriftlich 1912 datierte Scheune gehört zu den letzten, die in der jahrhunderte alten Lehm-Fachwerk-Technik errichtet wurden. Seither kam es auf dem Anwesen zu keinen durchgreifenden baulichen Veränderungen mehr; es zeigt also einen Zustand von vor etwa hundert Jahren.
Quelle: Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum. Abteilung Denkmalpflege (Dr. Markus Cante)